Jubiläumsrückblick 20 Jahre Freya von Moltke-Stiftung
Am Abend des 9. Oktober 2025 füllten 215 geladene Gäste die Empfangshalle der Botschaft der Republik Polen in Berlin. Unsere Stiftung feierte ihr 20-jähriges Bestehen in den Räumen der neueröffneten Botschaft Unter den Linden. Es war ein Zusammentreffen vieler Wegbegleiter, Unterstützerinnen und Freunde Kreisaus, die aus dem In- und Ausland den Weg nach Berlin auf sich genommen hatten, um diesen Festabend gemeinsam zu begehen.

Jan Tombiński, Geschäftsträger ad interim der Republik Polen in Deutschland, war der Gastgeber des Abends. Er spannte einen Bogen zwischen der Geschichte des Kreisauer Kreises, der Versöhnungsmesse von 1989 und der heutigen Arbeit der Stiftung. Für Jan Tombiński sei Kreisau nicht nur ein historischer Ort, sondern ein lebendiger Ausgangspunkt für Verständigung, Dialog und Versöhnung. Er erinnerte an den Mut von Freya und Helmuth James von Moltke, ihre Vision einer gerechten, freien Welt in Zeiten großer Gefahr zu verfolgen. Ebenfalls nahm Jan Tombiński Bezug auf die Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen und rief die symbolträchtige Umarmung von Tadeusz Mazowiecki und Helmut Kohl während der Versöhnungsmesse 1989 in Kreisau in Erinnerung.
„Möge die Botschaft von Krzyżowa, von Kreisau, uns weiter begleiten. Möge Krzyżowa weiterhin das ‚Herz Europas‘ sein. Und möge die Erinnerung an das Ehepaar Freya und Helmuth James von Moltke uns dazu inspirieren, weiterhin Gutes zu tun!“
– Jan Tombiński, Geschäftsträger ad interim der Republik Polen in Deutschland
Anschließend sprach Helmuth Caspar von Moltke, Sohn von Freya und Helmuth James von Moltke und Vorsitzender des Stiftungsrates, über die Geschichte der Stiftung und die Zukunftsvision seiner Mutter. Er erinnerte an die Gründung der Stiftung im Dezember 2004, an die Teilnahme seiner hochbetagten Mutter trotz familiärer Schicksalsschläge an der Gründungsveranstaltung im Juni 2005 und an die frühen Jahre, in denen Agnieszka von Zanthier, die erste Geschäftsführerin der Stiftung, in einem kleinen Büro am Gendarmenmarkt in Berlin gemeinsam mit engagierten Freiwilligen die ersten Schritte unternahm. Helmuth Caspar von Moltke kündigte darüber hinaus an, sich nach 30 Jahren Ehrenamt für Kreisau aus Altersgründen zurückziehen zu wollen. In seiner sehr persönlichen Rede nahm er immer wieder Bezug auf seine Mutter Freya von Moltke:
„Diese Verwandlung des verfallenen Gutes unserer Familie in die heutige Fundacja Krzyżowa war das große Glück ihres Alters und sie hat sich mit voller Energie eingebracht.“
– Helmuth Caspar von Moltke, Vorsitzender des Stiftungsrates der Freya von Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau
Helmuth Caspar von Moltke dankte allen Unterstützerinnen und Unterstützern, die die Stiftung auf ihrem Weg begleitet haben – durch Zustiftungen, Spenden oder persönlichen Einsatz – und betonte, dass die Familie weiterhin aktiv bleiben werde: in Gremien, bei Festen, Projekten und als Stifter.
Die Festrede des Abends hielt Viola von Cramon-Taubadel, langjähriges Mitglied des Kuratoriums der Stiftung. Die Europapolitikerin spannte den Bogen von ihren persönlichen Erfahrungen in Mittel- und Osteuropa über die Herausforderungen der europäischen Politik bis hin zu einem eindringlichen Appell:
„Ich bin sehr besorgt über die Situation europäischer Bildungs- und Begegnungsstätten. Offenkundig sind sie in ihrer Existenz bedroht. Politische Bildung zählt nicht zu den Prioritäten der Regierenden. Viele Einrichtungen – auch unsere Bildungs- und Begegnungsstätte in Kreisau – müssen sich mühsam mit Projektgeldern über Wasser halten. Fehlende institutionelle Förderungen behindern den Aufbau und die Pflege belastbarer Netzwerke und tragfähiger Strukturen. (…) Das ist meines Erachtens ein strategischer Fehler.“
– Viola von Cramon-Taubadel, Politikerin und Mitglied des Kuratoriums der Freya von Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau
Die Geschäftsführerin der Stiftung, Dr. Anna Quirin, sprach in ihrer Moderation des Abends über die Entstehung und die heutige Rolle der Stiftung und betonte die besondere Verantwortung von Politik und Zivilgesellschaft für Kreisau. Kreisau sei ein Ort internationaler Begegnung und ein zivilgesellschaftliches Projekt. Seine Entstehung vor 35 Jahren wäre allerdings ohne den politischen Willen der beiden Regierungen und ohne die finanzielle Unterstützung der beiden Länder nicht möglich gewesen. Diese Verbindung von politischem Engagement und zivilgesellschaftlicher Initiative präge Kreisau bis heute.
„Unsere Stiftung kam vor 20 Jahren dazu und leistet seitdem ihren Beitrag. Wir danken Ihnen, Herr Botschafter, dass wir heute hier unsere Arbeit präsentieren können und freuen uns sehr, dass die besondere Zusammenarbeit der Zivilgesellschaft und der Politik durch die heutige Veranstaltung symbolisch zu Geltung kommt. Kreisau ist ein strahlendes Beispiel einer wirkungsvollen deutsch-polnischen Kooperation, auf die wir alle stolz sein können.“
– Dr. Anna Quirin, Geschäftsführerin der Freya von Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau
Sie führte außerdem Interviews mit Dr. Robert Żurek, geschäftsführender Vorstand der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung, und Dr. Richard Roewer, Geschäftsführer der Kreisau-Initiative e. V. Beide betonten die aktuelle Bedeutung von Krzyżowa als eine besondere Stätte, die internationale Begegnung und Bildung ermögliche und damit Brücken zwischen Ländern und Generationen baue und Demokratie und europäischen Zusammenhalt stärke. Robert Żurek verglich die internationale Jugendarbeit mit der Arbeit des mythologischen Sisyphos, hob jedoch einen entscheidenden Unterschied hervor: „Im Gegensatz zu Sisyphos sind wir nicht allein.“ Dieser Aussage schloss sich ein großer Dank an alle, die die Arbeit der Kreisauer Organisationen seit vielen Jahren mitgestalten und finanziell und ideell tragen.
Ein besonderer Akzent des Abends lag auf der Musik. In Kreisau, wo sich seit Jahren Menschen aus ganz Europa begegnen, ist auch musikalische Exzellenz zu Hause. Das zeigt sich jedes Jahr im Spätsommer, wenn das internationale Kammermusikfestival Krzyżowa-Music das Gut in ein klingendes Zentrum verwandelt. Seit elf Jahren bringt das Festival junge Talente und renommierte Musikerinnen und Musiker zusammen – ein Kreisauer Projekt mit internationaler Strahlkraft. An diesem Abend war es Alexey Stadler, Cellist, künstlerischer Berater des Festivals und Kurator der Festival-Symposien, der die Gäste mit seiner Musik begeisterte und dem Abend eine besondere Atmosphäre verlieh.
Nach den Reden und Musik folgte eine Auktion von neun Fotografien aus Kreisau, die historischen Gebäude und die besondere Atmosphäre der Gedenk- und Begegnungsstätte in Krzyżowa zeigten. In heiterer Atmosphäre führten Hannah Voß, Projektmanagerin bei der Freya von Moltke-Stiftung, und Moritz Decker, Manager für Philanthropie-Partnerschaften, durch die Auktion der neun Fotografien. Der Erlös kommt einem Begegnungsprojekt zwischen Jugendlichen aus deutschen und polnischen Waisenhäusern zugute, das im Februar 2026 in Kreisau stattfinden wird.
Auch nach der Auktion blieben viele Gäste noch zu Austausch und Imbiss in den Räumen der Botschaft. Zwischen Gesprächen über europäische Bildung, politische Verantwortung und die Zukunft der Stiftung mischten sich persönliche Erinnerungen an Aufenthalte in Kreisau. Die Atmosphäre war geprägt von Nachdenklichkeit, Staunen, Dankbarkeit und Vorfreude auf die kommenden Jahre. Zum Abschluss möchten wir an die Worte Freya von Moltkes erinnern, die sie vor zwanzig Jahren zur Eröffnung der Stiftung sprach – Worte, die bis heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren haben:
„Bei meinen Besuchen in Kreisau erfuhr ich den Erfolg der Arbeit dort in den guten, interessierten und klugen Fragen vieler junger Menschen aus verschiedenen Ländern, die dort zusammengekommen waren, und auch ihr heiteres, offenes Beieinander.“
– Freya von Moltke, Mitglied des Kreisauer Kreises und Namensgeberin der Freya von Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau
So endete ein Abend voller Begegnung, Dankbarkeit und Dialog. Die Feier zeigte, dass der Geist von Kreisau, der vor achtzig Jahren entstand, weiterhin Menschen, Generationen und Länder miteinander verbindet – und dass die Arbeit der Freya von Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau noch viele Jahre Früchte tragen wird.